Reduzierte Kita-Öffnungszeiten: Das Tübinger Problem ist ein Deutschlandweites

Am Montag, den 13.02.2023, hat der Gemeinderat Tübingen den Beschluss gefasst, die Öffnungszeiten der Tübinger Kindertagesstätten ab September zu reduzieren. Grund ist der enorme Personalmangel. Der Grundgedanke hinter dem Beschluss: aktuell komme es ständig zu ungeplanten Ausfällen des Kita-Regelbetriebs. Dies sei für die Familien eine besonders unangenehme Situation. Mit den feststehenden verkürzten Öffnungszeiten sei es für die Familien besser planbar, so Oberbürgermeister Boris Palmer im SWR-Interview. Zudem sollen die Kürzungen eine Übergangslösung sein, bis das Problem mittelfristig durch neues Personal behoben werden kann.

Gerade Tübingen galt bis vor Kurzem als Vorbild bei der Kita-Versorgung. Die Stadt hat neu geplante Gebäude bereits fertiggestellt, aber leider ist der aktuelle Personalstand nicht ausreichend, um die neuen Gruppen öffnen zu können. Ein kleiner Lichtblick: es werden im kommenden Jahr doppelt so viele Erzieher*innen mit der Ausbildung fertig sein wie in Rente gehen.

Bereits vor Bekanntgabe des Beschlusses hatten sich Eltern zum Streik versammelt und die Gleichstellungsbeauftragten der Universität sowie der Universitätsklinik Tübingen in einer Stellungnahme besorgt geäußert. Denn häufig würden Mütter die fehlende Betreuung ausgleichen, das wiederum stehe der Gleichstellung entgegen. Ebenso schwäche es den Wissenschaftsstandort Tübingen. Problematisch ist diese Entscheidung insbesondere für Alleinerziehende und/oder Geringverdiener*innen.

Das Tübinger Problem ist allerdings kein Tübinger Problem. Im ganzen Land Baden-Württemberg herrschen große Probleme im Bereich der Kinderbetreuung. Angebote in den Kitas werden gekürzt, Schulunterricht entfällt und Ganztagsplätze fehlen. Nach einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung vom Oktober 2022 fehlen für das Jahr 2023 384.000 Kita-Plätze in Deutschland. Das Länderprofil für BW schlüsselt die Zahlen genauer auf. Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz wird 2023 nicht für alle Kinder mit Bedarf möglich sein.

Die Nicht-Beachtung der Leistungen der Mütter ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, da sie schlechter bezahlt werden und eine schlechtere Altersvorsorge erhalten. Dieses ökonomische Problem verschärft sich gegenwärtig noch. Es muss daher dringend und mit höchster Priorität gelöst werden. Nicht nur für die Familien und die Fachkräfte, sondern für uns alle.

Quellen:

https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/tuebingen/gemeinderat-tuebingen-entscheidet-ueber-kita-oeffnungszeiten-100.html

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2022/oktober/2023-fehlen-in-deutschland-rund-384000-kita-plaetze

https://www.sueddeutsche.de/meinung/kita-krise-erziehermangel-vereinbarkeit-fruehkindliche-bildung-1.5699857?reduced=true

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